Heim
Druckversion
BLIND-Zeitung vom 19. Februar 2004

You'll never stand alone

Exklusives Abschieds-Interview von Bernhard "Katsche" Kreutz in der Sport-BLIND

Nach zehn Jahren Trier und fünfeinhalb Jahren bei Herberits Buben verläßt die Vorstopperlegende Katsche Kreutz den Historikerverein. Für einen Elf-Monats-Vertrag bei Kickers Emden zieht's ihn von den heimatlichen Weinbergen an den ostfriesischen Deich. Bevor er seine Zelte an der Mosel abbricht, hat der ebenso beliebte wie beleibte Publikumsliebling der Buben Sport-BLIND folgendes Abschiedsinterview gegeben.

___________________
Sport-BLIND: Katsche, nach fast sechs Jahren bei den Buben heißt's jetzt für dich plötzlich Abschied nehmen. Was hat dich zu dem Wechsel bewogen?
Katsche: Also das Angebot kam natürlich überraschend. Ich hatte gar nicht mehr mit dem Zuschlag gerechnet, nachdem mein (Bundes)agent so lange mit Emden verhandelt hatte.
Sport-BLIND: So so, es gab also schon über längere Zeit Verhandlungen! Welches Angebot haben die Ostfriesen dir denn gemacht?
Katsche: Die vom Fußball- und Museumsverein Emden wollen ein Fußballmuseum einrichten. Da es klassische Vorstopper wie mich nur noch ganz selten gibt, wollen die mich quasi als lebendiges Museumsstück verpflichten. Einerseits schmeichelt das ein wenig, andererseits tut's auch ein bißchen weh, wenn den Schulklassen dann gesagt wird: "Guckt euch den an, Kinder! So hat man früher tatsächlich einmal Fußball gespielt!"
Sport-BLIND: Aber hattest du bei den Buben zum Schluß nicht auch schon Probleme mit der neuen Fußballphilosophie?
Katsche: Ja, das stimmt. Seit Herberti nicht mehr Trainer war, hatte ich große Probleme, überhaupt noch in die Stammformation zu kommen. Dieses ganze Gerede vom neuen Fußball, und was jeder Spieler alles können muß! Früher stand der Torwart im Tor, die Verteidiger am eigenen Strafraum, das Mittelfeld in der Mitte und die Stürmer vorne. Wenn man die jungen Trainer von heute hört, dann sollst du als Innenverteidiger dem Gegner den Ball abnehmen, gleichzeitig den tödlichen Paß spielen und am besten noch selbst die Tore schießen, während die Mittelstürmer hinten absichern. Kein Wunder, daß da die Zuordnungen nicht mehr stimmen!
Sport-BLIND: Waren es aber nicht auch die technischen und konditionellen Anforderungen, die dir zunehmend Schwierigkeiten machten?
Katsche: O. K., die Balltechnik hab'ich nicht erfunden, das hab'ich auch nie behauptet. Mein Metier ist der Zweikampf. Was die Fitness angeht, ist denn ein Mario Basler ein Laufwunder gewesen oder ein Günter Netzer?

Die größten Fußballer der Welt mußten sich wegen ihres angeblichen Übergewichts hänseln lassen, denken Sie nur an Pelé, Gerd Müller oder Maradona. Also ich glaube, da bin ich in guter Gesellschaft!
Sport-BLIND: Oho, das sind ja die ganz großen Namen! Wer war denn dein fußballerisches Vorbild?
Katsche: Die soliden Verteidiger vom alten Schlag: an erster Stelle natürlich Katsche Schwarzenbeck, aber auch Kohlmeier, Berti Vogts oder Karl-Heinz Förster, dann die klassischen Italiener wie Gentile, Bergomi oder Ferri. Die Mannheimer Schule gefällt mir auch ganz gut: Kohler, Nowotny, Wörns.
Sport-BLIND: Und Maldini?
Katsche (lacht): Ach ja, der Paolo! Sie spielen auf sein Trikot an, das ich zu feierlichen Anlässen auf dem Platz trage. Wir sind uns einmal bei einem Freundschaftsspiel begegnet und haben die Trikots getauscht. Er trägt meins auch ab und zu, nur weiß in Mailand natürlich keiner, wer eigentlich dieser "Kreutz" ist, von der Aussprache meines Namens ganz zu schweigen.
Sport-BLIND: Das wird dir an der Waterkant nicht anders ergehen. Fällt der Abschied nach so vielen Jahren nicht schwer?
Katsche: Natürlich hat man nach so langer Zeit ein tränendes Knopfloch am Revers. Die Fans werd'ich schon vermissen, wenn's auch nicht ganz so viele waren. So ein Umfeld wie bei den Buben findest du halt nich überall. Denken Sie nur mal an all die Skandale der Vereinsführung. Aber um bei denen im Norden zurechtzukommen, hab'ich mich von unserer Vorstandssekretärin Hantje Ansen, die auch von der Küste kommt, schonmal "einnorden" lassen. Wenn die meinen Trierer Studienabschluß nicht anerkennen, werd ich dort unten das Ostfriesen-Abitur nachmachen: Teetrinken, Schlammspringen, Krabbenpulen usw. Trier und die Buben werd'ich schon vermissen, denk'ich. Aber eine Rückkehr ist ja nicht ausgeschlossen.
Sport-BLIND: Soll das die Andeutung eines Comebacks sein?
Katsche: Schaun 'mer mal, sagt der Franz.
Sport-BLIND: Trotzdem vielen Dank für das Gespräch, und denk dran, in Anlehnung an deine Spielweise: You'll never stand alone!

  [ top ]   [ vorige ]   [ nächste ]   [ zurück ]

Mail