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BLIND-Zeitung vom 13. Juni 2000

Phönix aus der Asche

Überraschend schafften HerrBertis Buben doch noch den Klassenerhalt

TRIER. Nach dem unglücklichen Ausscheiden des "Team Untergang" beim Uni-Fußballturnier am letzten Dienstag traten gestern mit "HerrBertis Buben" quasi die kleinen Brüder der Untergangs-Helden in die Tarforster Arena. Doch ihr Eintritt ins Turnier stand unter einem denkbar schlechten Stern. Nach den kurzfristigen Absagen bzw. dem Nichterscheinen diverser Weicheier und Warmduscher mußte Spielertrainer Uli Seilicke eine Notmannschaft aus Invaliden und Rekonvaleszenten zusammenstellen. Diese war noch dazu mangelhaft ausgrüstet, schlecht ausgebildet und unterernährt: der Verein hielt es nicht einmal für nötig, jedem Spieler ein "HerrBertis Buben"-Leibchen zur Verfügung zu stellen. Zum Glück half der Spielführer des befreundeten israelischen Clubs "Barfuß Jerusalem" mit seinem gelben Trikot aus. Die einzige taktische Anweisung von HerrBerti Eiden lautete: "Spielt's Fußball!", und weit und breit war kein einziger Bierkasten zu sehen, dabei brannte eine unbarmherzig heiße Wüstensonne auf die Kampfbahn herab, die jeden Schweißtropfen sofort verdampfen ließ.
Gleich im ersten Spiel wurde die Mannschaft auf ein wahres Himmelfahrtskommando gegen die Legionäre vom "Team Übergang" geschickt (besser bekannt als die "Assis in schwarz", Studienfächer und Immatrikulationsnummern unbekannt). Mit unerwarteter Härte gingen diese zu Werke und nutzten ihre ersten beiden Chancen gnadenlos zum 2:0. So weidwund geschossen waren die Buben im weiteren Spielverlauf leichte Beute und wurden mit einem bitteren 0:5 vom Platz geschickt. Wie durch ein Wunder waren keine ernsthaften Verletzungen zu beklagen.
Ohne die versprochene Verstärkung ging es dann gleich weiter gegen einen mit fünf Feldspielern zahlenmäßig völlig überlegenen "FC Karlsberg 07". Unter diesem saarländischen Namen verbarg sich aber wohl eher eine Elitetruppe der französischen Fremdenlegion, gegen die unsere Buben trotz tapferster Gegenwehr keinen Fuß auf den Boden bekamen. Mit nur einem Auswechselspieler in Reserve mußten sie sich in einer wahren Hitzeschlacht den Karlsberger Wüstenfüchsen mit 0:4 geschlagen geben.
Doch auch jetzt sahen sich Präsident Agricola und Teamchef HerrBerti Eiden nicht genötigt, mehr für ihre Mannschaft zu tun, als fromme Wünsche und Gebetbücher an den Spielfeldrand zu schicken. Im dritten Spiel gegen das deutsch-türkische BWL'er Team "Die Verweigerer" wurde unsere geschwächte Truppe endgültig zum Kanonenfutter. Hier wurden von seiten des Vereinsdiktators Agricola und seines Handlangers Eiden der Idealismus und die Opferbereitschaft junger Männer skrupellos für fragwürdige hochschulpolitische Ziele ausgebeutet! Trotz verzweifelten Aufbäumens gegen das Unvermeidliche wurden die Jungs von einem schier übermächtigen Gegner nahezu niedergewalzt. Minutenlang wurden sie in der eigenen Hälfte eingeschnürt und mit regelrechtem Trommelfeuer erbarmungslos niedergemäht. Die Kraterwüste, die einmal der eigene Strafraum war, wurde erneut umgepflügt, und nur dem Löwenmut, mit dem sich der angeschlagene Torwart Martin Uhrmacher den anrollenden Angriffswellen entgegenwarf, war zu verdanken, daß es bei einer einstelligen 0:8 Niederlage blieb.

In dieser bittersten Stunde, in der die aufopferungsvoll, aber vergeblich Kämpfenden den Rückhalt ihrer Vereinsführung am nötigsten gebraucht hätten, wurden sie schmählich im Stich gelassen. Eiden hatte sich längst per Flugzeug ins Londoner Exil abgesetzt, und von Agricola fehlte jede Spur. Dem Vernehmen nach ist er in Mauretanien untergetaucht, dem Lande der Mauren. So von allen Seiten verlassen sahen unsere Spieler dem letzten Match entgegen, das über den rettenden vierten Platz und damit über Abstieg oder Klassenerhalt entscheiden sollte. Der Gegner brauchte nur ein Unentschieden, während für die Buben ein Sieg her mußte.
Doch in dieser Situation, in der keiner der selbsternannten "Experten" auch nur einen Pfifferling für unser Team gegeben hätte, wendete sich überraschend das Blatt. Zum einen tauchte kurz vor Drehschluß mit dem Kommilitonen (deutsch: Mitkämpfer) Gamal die längst versprochene Verstärkung am Horizont auf. Zum anderen nahm sich der berühmte Motivationsguru Udo Lattfleck der Mannschaft an und impfte ihr den unbeugsamen Willen ein, es allen zu zeigen und sich anständig aus dem Turnier zu verabschieden. Was kaum noch jemand für möglich gehalten hatte, aus dem prophezeiten Waterloo wurde ein zweites Austerlitz! Verstärkt durch den neuen Arabersturm spielten die Buben befreit auf. So setzte das Mittelfeld mit Uli, Michael und Gamal den völlig verblüfften Gegner massiv unter Druck. Der Mut der Verzweiflung wurde mit zwei überragend herausgespielten Toren von Marcello und Jörg belohnt, während die umsichtige Abwehr mit Bernd, Markus, Bernhard und Torwart Martin für das "zu null" sorgten.
Als der souverän leitende Schiedsrichter die Partie abpfiff, war der Jubel grenzenlos. Man sah Manndecker wie Derwische über den Platz tanzen, erwachsene Männer wie Schuljungen weinen und einen zufrieden lächelnden Udo Lattfleck gedankenverloren im Mittelkreis auf und ab gehen. Ohne den Rückhalt der Vereinsführung wurde das Saisonziel, der Klassenerhalt, doch noch geschafft. Alle Augenzeugen waren sich einig: hier war Übermenschliches geleistet worden.
Doch HerrBertis Flucht aus der Verantwortung, gerade als die Mannschaft den Beistand des Vereins am nötigsten gehabt hätte, wird ein Nachspiel haben. Die Buben baten die britischen Behörden um Rechtshilfe und ersuchten die Auslieferung des fahnenflüchtigen Eiden, damit er zu Hause vor ein Tribunal gestellt werden könne. "Der soll sich warm anziehen", ließ Vorstopper "Katsche" Kreutz verlauten, und weiter: "Agricola, dich kriegen wir auch noch!"




Zum Schluß noch einige ausländische Pressestimmen:

"Das Wunder von Tarforst" (Berner Zeitung)
"Totgesagte Buben leben länger" (Gazetta dello Sport)
"Ein zweites Marne-Wunder" (L'Equipe)
"Marcelito y Jorge: GOOOOOOOL!" (El Maís)
"Auferstehung vor dem Himmelfahrtstag" (Osservatore Romano)
"Eiden verhaftet" (The Times)

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