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Der Pfälzer Bauer vom 12. Juni 2000

Interview mit einem Untergegangenen

- Guten abend allerseits, Herr René Richtscheid (brasilianisch: Boban), wie fühlen sie sich nach diesem epischen Kampf am letzten Dienstag?
· Ja gut, also ich sach ma', ähm ganz konkret, ähm im Endeffekt eigentlich ... scheiße!
- Vor allem war das Ausscheiden ja äußerst unglücklich, ist für sie danach eine Fußballwelt zusammengebrochen?
· Ja gut...(usw., usf., etc. pp...), als Kind habe ich an das Christkind und den Osterhasen geglaubt, danach an Gott, bevor ich an die Uni kam an die Wissenschaft und danach nur noch an Fußball, von daher fühle ich mich jetzt schon wie eine Portion Bohnen, die nicht weiß, wie sie aus dem Verdauungstrakt eines BWL-ers rauskommen soll.
- Wie sind sie denn mit ihrer eigenen Leistung zufrieden?
· (...) na ja ich bin eben nicht der Führungsspieler, wenn wir insgesamt gut gespielt haben, dann lief es auch bei mir ganz flüssig, vor allem beim ersten Spiel, als ich die Vorlage zu den ersten beiden Toren gab und beim Spiel gegen die übermächtigen Magic Eulers. Da hatte ja jeder selbsternannte Fußballexperte geglaubt, daß die über uns kommen, wie der Blitzkrieg über Frankreich. Und ich spielte dann darüber hinaus noch gegen den 8er, der mit allen Wassern gewaschen und mindestens 2 Meter groß war (fast), der machte aber keinen Stich. Und da wir alle rangegangen sind wie die Panzergrenadiere, hätten wir beinahe die größte Überraschung perfekt gemacht seit Möllemann in NRW 10% erreicht hat.
- Was sagen sie zu ihren Mannschaftskameraden?
· Nun, schon der Gedanke an die Jungs läßt mich innerlich jauchzen und frohlocken. Marc und Volker im Sturm hatten die Durchschlagskraft eines chromiumummantelten Platingeschosses, unsere Abwehr stand fest wie ein ölverschmierter Lanz-Bulldog und wenn doch mal einer durchkam, bereinigte der Hüne Jörg jede Situation mit dem Charme einer Axt.
- Bis zu diesem letzten Spiel. Was war da los?
· Also abgesehen davon, daß wir von allen Weicheiern, Warmduschern, Vorwärtseinparkern,

Genderforschern und sonstigen Verrätern schmählichst im Stich gelassen wurden, hatten wir noch ein Spiel mehr zu bestreiten und waren unterversorgt (der Gegner hatte schon mehrere Liter Bier intus). Und was erschwerend hinzu kommt ist die Sprache. Versuchen sie mal mit einem Luxemburger zu diskutieren, ob ein Ball aus war oder nicht, von dem Gebrabbel habe ich jetzt noch Sabber in den Haaren hängen. Ich glaube, wenn ich mal nach Luxemburg komme, muß ich mir extra einen Eimer voll Schnodder mitnehmen, ansonsten kann ich niemanden nach dem Weg fragen. Und schlußendlich sahen sie in ihren Trikots aus, wie ein eingetopfter Kaktus im Schlafanzug einer Waldkuh. Und da soll man sich aufs Fußballspielen konzentrieren können.
- Das scheinen mir nun aber doch nicht ganz die wahren Gründe zu sein, steckte nicht vielleicht doch etwas anderen dahinter?
· Nun, ich sach mal so, mit Cicero, "Ich habe nicht gelogen, aber noch nie wurde der Wahrheit ein prächtigeres Gefängnis erbaut, als mit diesen Worten."
- Wie soll es nun weiter gehen?
· Nun, zuerst werden wir eine excursio perpotationis machen.
- Und ihre Chancen für das nächste Turnier, es war ja diesmal schon viel knapper, als letztes Jahr?
· Das stimmt, um mit Berti Vogts zu reden: "Die Breite in der Spitze wird immer dichter"
- Was heißt?
· Weiß ich auch nicht, aber es macht mir doch Mut, so daß wir nächstes Jahr, falls wir es ausnahmsweise einmal schaffen sollten mit mehr Spielern als Promillen ins Spiel zu gehen, doch gute Chancen haben. Ich denke, wir werden eher Uni-Turnier-Sieger als Leverkusen Deutscher Meister. Das wird dann das großartigste Comeback, seitdem Lazarus von den Toten auferstanden ist.
- Vielen Dank und viel Erfolg für nächstes Mal, [während die Kamera langsam, zu langsam, wegzoomt:] wollen sie noch ein Bier?
· Nein, meine Trainer Ulli Seillicke, Udo LattFleck und Herbertie schauen zu und sie haben gesagt, ich darf nicht mehr so viel Bier trinken.
- Wie wär's dann mit einem guten selbst gebrannten Schnaps?
· Au Ja !

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