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Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 183
Donnerstag, 9. August 2001

Herbertis Buben zur Prime-Time in der ersten Reihe

Blaues Auge für Leo Kirch im TV-Streit - Eiden: "Laßt die Kameras kommen!"


TRIER / MÜNCHEN. (dpa) Der durch seine jüngsten Erfolge wiedererstarkte Traditionsverein Herbertis Buben aus Trier schockt die mächtige Münchner Mediengruppe Kirch (SAT.1, Premiere World). Lücken im umstrittenen Fernseh-Vertrag machen's möglich: Zukünftig können die Buben-Spiele zur besten Fernsehzeit unverschlüsselt übertragen werden.

Nun ist es amtlich: Die sich in den letzten Tagen verdichtenden Gerüchte, der Trierer Fußball-Club Herbertis Buben habe durch spezielle Vertragsklauseln mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL) besondere Möglichkeiten zur eigenen Fernseh-Vermarktung seiner nationalen und internationalen Auftritte, haben sich bewahrheitet. "Da wir vertraglich nicht an die Kirch-Gruppe, sondern an DM.TV, die Gesellschaft unseres Präsidenten Agricola gebunden sind, kann uns Kirch mal ... (Zitat gekürzt, Red.)", so Pressesprecher Rudi Bungert (34). Erst der Zufallsfund einer Reinemachefrau in Agricolas Büro machte die Sensation im Vermarktungspoker zwischen den Vereinen und Sendern möglich, wie Bungert erläutert: "Weil die Verträge schon lange vor unserem sportlichen Aufstieg abgefaßt wurden, lagen sie ganz unten im Stapel, so daß bisher niemand auch nur ahnte, daß uns dieses SAT.1-, ISPR-, ADAC- und DFB-Hick-Hack überhaupt nicht zu interessieren hat."
Hatte Medienmogul Kirch erst vergangene Woche wichtige Siege im juristischen Streit um die Kurzberichterstattung innerhalb der Tagesschau gegen die ARD erringen können, stellt die nunmehr mögliche Eigenvermarktung der beliebten Buben für Kirch & Co. einen Schock dar. "Da zahlen wir 750 Millionen für ein vermeintliches Monopol - und dann so etwas! Zur Strafe kommentiert ab sofort einzig noch Heribert Faßbender in SAT.1", so ein Sprecher von Leo Kirch.

Zahlreiche interessierte Sender feilschen derweil bereits um die begehrten Übertragungsrechte und zahlreiche Fans bekommen nun wohl doch die Gelegenheit, Spitzenfußball zur besten Sendezeit - die Rede ist sogar von Live-Übertragungen - und obendrein kostenfrei empfangen zu können.
"Ein Sieg des Sports über den Kommerz, sag ich mal", kommentierte Teamchef Herbert Eiden (48) euphorisch, "Laßt die Kameras kommen! Von mir aus gleich morgen." Bei welchem Sender es die schönsten Grätschen von Katsche Kreutz, die schnellsten Sprints von Uli Seibert, die härtesten Bandagen von Jörg Müller und die kuriosesten Verletzungen Martin Uhrmachers zukünftig zu sehen gibt, werden die nächsten Tage zeigen.
Ein Wermutstropfen bleibt allerdings: Da die anderen Vereine allesamt vertraglich an Kirch gebunden sind, müssen deren Spieler in den künftigen Übertragungen unkenntlich gemacht werden. Vorsorglich hat auch bereits Seppel Knöchel auf Besonderheiten seines Kontraktes hingewiesen: "Mich dürfen die Kameras dann aber auch nur hüftaufwärts zeigen!" Der Grund: Die Beine des Verteidigers stehen exclusiv bei L'Oréal unter Vertrag. "Na und?", so Buben-Präsident Thomas Agricola (34), "Dann ist unsere Trikot-Werbung viel besser zu sehen und die können wir dann um so besser vermarkten." Insider vermuten, daß Agricolas heftig angeschlagener Medienkonzern DM.TV durch die spektakuläre Entdeckung der Senderechte an den Buben saniert sein dürfte; der Börsenkurs schnellte jedenfalls am gestrigen Nachmittag in bisher unerreichte Höhen.
Daß die zu erwartenden Mehreinnahmen weitere Spielereinkäufe ermöglichen, liegt auf der Hand. Neuzugang Alison Rowlands (24), selbst erst voriges Jahr für 16,5 Mio. DM von Colchester Utd. (England) an die Mosel gekommen, hofft, "daß es ist möglich nun, zu kaufen weitere internationale Stars, ist es nicht?"

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