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HAZ vom 12. Dezember 2003

Treppchen erklommen, Herzen gemeistert

Aber Herberti droht: "Jetzt komme ich. Äh: wieder."

Das hätte nicht einmal der liebe Fußballgott für möglich gehalten: Auf ihre alten Tage gelingt den skandalverwitterten Buben, ehemals Herbertis, der größte Erfolg ihrer Geschichte. Kurz bevor die Studiengebühren für Scheinstudenten das Team endgültig zu sprengen drohen, erreichen sie den 3. Platz beim Hallenturnier und gewinnen einstimmig den Publikumspreis "Meister der Lebkuchenherzen!"

Trier, 12. Dezember (dpd). Das verrückteste Spiel, die unglaublichste Aufholjagd, das tragischste Siebenmeterschießen und die beste Platzierung, die es jemals gab für ein Bubenteam: so endete der vergangene Dienstag. Dabei begann am Montag alles mit einer Katze, die noch in der Sommerzeit lebt, einem Doppelpasskönig T. R., der sich im ersten Spiel verletzte, und drei Kontern nebst einem verschlafenen Eckball, die zur 1:4 Niederlage gegen ein fettiges Kartoffelgericht in Unterhemden führten. Doch auch die Rechnung mit Pommes Spezial sollte später noch ins Reine kommen.
Gegen Black Box, augenscheinlich der schwerste Gegner des Turniers, gelang im zweiten Spiel erst einmal Wende durch Tore des eingesprungenen Ersatzmannes Marcelinho und der Nachwuchshoffnung Pierre. Ein Rückfall in die alte Spieltaktik ohne Defensive brachte jedoch anschließend eine Niederlage gegen das Team des Exbuben André Die Erben Chomskys und anschließend wieder das große Zittern und nebenbei ein miserables Torverhältnis. Doch kam die Mannschaft in unermüdlichen Diskussionen zu dem Schluss, dass sie sich mit zwei Siegen noch aus eigener Kraft und an den eigenen Haaren aus dem Schlamassel ziehen könne.
Und entgegen aller leidiger Erfahrung aus vergangenen Turnieren gelang dies auch: mit einer Leistung, für die tatsächlich das Wort "diszipliniert" erfunden werden müsste, wenn es es noch nicht gäbe, wurde Werder Bremen-Kernscheid 2:0 bezwungen, während im letzten Spiel gegen den gewohnt unfair-play-mäßig auftretenden selbsternannten Hochschulmeister ein Tor zum sicheren Weiterkommen reichte. Dieser neue Lieblingsgegner der Buben verabschiedete sich mit einem herzigen Pferdekuss und einer Anzeige beim Hallenwart, dass Marcelinho kein Student und nicht mehr spielberechtigt sei. Das Schiedsgericht ließ die Anklage jedoch nach einer kurzen Anhörung des Käpt'ns fallen...
Während der Hochschulmeister damit die Koffen packen und seine Studien fortsetzen konnte, traten die Buben im Achtelfinale gegen die Standfußballer mit Offensivdrang an, das Team mit dem zwar nicht originellsten, aber immerhin längsten Namen des Turniers. Aus einer nun fest stehenden und nie in Verlegenheit zu bringenden Abwehr heraus erzielten die Buben, die in der Endrunde ohne ihren Fehlpasskönig Leo auskommen mussten, zwei schnelle Tore und zeigten dem einzigen anwesenden Fan (dem verletzten Doppelpasskönig T.R.) den viel zitierten und selten erreichten Fußball aus dem Lehrbuch. Nicht anders lief es gegen das ohne ihren angeschlagenen Star Überma angetretene Team China, das durch den Exbuben Alexander verstärkt wurde. Was freilich nicht reichte, um die nun in blindem Verständnis statt wie zu Beginn der Vorrunde in blindem Anrennen spielenden Buben aufzuhalten. Mit 7:0 Toren aus zwei Partien standen sie wider Erwarten zum ersten Mal im Halbfinale und hatten eine der begehrten Siegprämien schon sicher.
Nun aber warteten die Pseudoprofis des Teams Sportlehrer I, im Kern eigentlich ein schlecht verkleideter Oberligaverein aus dem Salmtal. Als einzige Mannschaft mit Trainer angetreten, waren die Sportlehrer dem Irrtum verfallen,

es handele sich um die Chance ihres Lebens, mit möglichst viel körperlichem Einsatz, Gewaltschüssen und peinlichen Jubelfäusten in Richtung der unterlegenen Gegner einem nicht anwesenden Bundesligascout aufzufallen. Dies, nämlich auffallen, taten sie jedoch in erster Linie durch ihre vielbesungenen hässlichen Trikots ("grün-weiße Scheiße", Zitat Haupttribüne) und ihr übermotiviertes Auftreten. Angesichts von sechs Siegen aus sechs Spielen, darunter gegen den chancenlosen Favoriten No Angels, gab es allerdings niemanden, der sein Bafög nun noch auf die Buben gewettet hätte, am wenigsten diese selbst.
Und so sah es denn auch anfangs aus: Nach einer Roten Karte gegen Gatien, der nach zwei Fouls im Mittelfeld erst gemeckert und dann tendenziell unhöflich gestikuliert hatte, spielten die Buben in Unterzahl und gerieten rasch mit 0:2 in Rückstand. Indessen tobte nun die Halle, deren Sympathien sich einseitig gegen die Sportlehrer (und den Schiedsrichter) und damit auf die tapfer Befreiungsschläge spielenden Buben richteten. Und plötzlich tauchten die Gelben sogar zu zweit vor dem gegnerischen Kasten auf, trafen zuerst die Latte und anschließend mit einem Seitfallzieher Pierres das Tor. Zum Tor des Monats fehlten in diesem Fall lediglich die Kameras. Nach wieder einigen verqueren Befreiungsschlägen spielte Marcelinho einen Steilpass auf den für alle unerwartet in die Spitze trabenden Ulibert, der die verdutzte Einmannabwehr stehen ließ, den Ball schlafwandlerisch in den Winkel bugsierte und damit als letzter der unverletzt gebliebenen Buben noch zum Torerfolg kam. Die restlichen Minuten des Spiels vergingen zwar langsam, aber irgendwie doch, immer im Lärm der Tribüne und im Abwehrkampf der ein neues 4-0-0-System spielenden Buben samt großartiger Unterstüzung der in Hochform haltenden Katze.
So ging es denn ins und ans Siebenmeterschießen. Mit einem Bein im Finale und mit dem besten Torwart des Turniers im Rücken fehlten den Buben bloß ein paar Nerven und das nötige Glück, zwei Mal den Innenpfosten noch ein wenig weiter innen zu treffen. Aber so zielte von den fünf Verbliebenen nur Isti ins Schwarze, und es half nichts, dass die Katze drei unhaltbare Schüsse hielt. Vom Publikum gab es trotzdem La Ola samt allem Zubehör und den oben erwähnten, hochverdienten Herzensmeistertitel obendrein.
Die Sportlehrer spielten im giftig ausgetragenen Finale gegen den Gewohnheitssieger des Turniers - diesmal unter dem Pseudonym Rheuma Kai angetreten - nur 1:2 und erwiesen sich anschließend als erstaunlich gute Verlierer. Den Buben hingegen blieben der dritte Platz nach einem 3:0 gegen ihren mittlerweile volltrunkenen Erstgegner Pommes Spezial, ferner eine lebenslange Gänsehaut, seltsame Championsleague-Gefühle bei der Katze und die Frage, was nun mit Herberti ist: "sag' den Jungs, wenn sie nicht das Finale erreichen, dann komme ich zurueck," so hatte er noch Tags zuvor an Ulibert gemailt. Haben die Buben etwa nur deswegen die Siebenmeter verschossen? Oder im Gegenteil nur so gut gespielt, damit er nicht ...? Lesen Sie die Antworten in unserer morgigen Ausgabe. Außerdem: Ein neuer Bubensponsor gefunden - das große Interview mit T.R.

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