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HAZ vom 18. Dezember 2003

Pokalgeneralstreik bei den Buben

Wanderpokal sagt: "Ich wandere nicht mehr!" Ein neuer Pinocchio?

Dabei wäre es alles gar nicht nötig gewesen. Schließlich ist keine Telefonnummer so bekannt wie die ihres Ex-Teamchefs Herberti. Aber trotzdem haben sich die Buben verwählt. Dem Pokal droht nun das erzwungene Exil auf einer einsamen Insel und die Rückkehr auf Herbertis Plattenspieler. Wie konnte es dazu kommen? Hier die ultimative Wahlanalyse.

Trier, 18. Dezember (dpd). Golden Noble Hill: Schon in der Adresse schwingt der Altersruhesitz mit, auf den die Buben ihren Wanderpokal schicken wollen. Denn mit klarer Mehrheit wurde ihr ehemaliger, wegen chronischer Erfolglosigkeit gefeuerter Coach Herberti (49 ½) zum Buben des Jahres 2003 gewählt. Und das, obwohl das gerade vergangene Hallenturnier würdige Kandidaten en masse geliefert hatte.
Dass die beiden Shooting Stars des Turniers, Torschützenkönig Pierre und Schwalbenkönig Matthias, nicht mit Stimmen bedacht wurden, war zwar keine Überraschung. Schließlich besitzen sie als einzige im Team noch nicht die goldene Ehrennadel für zwanzigjährige Mitgliedschaft. Auch die geringe Stimmenzahlen für Isti ("weil er erzielt wie Ailton meist das wichtige 1:0") und die Katze ("Garant für das Erreichen des Halbfinales", "Elfmeter-Killer-Instinkt") lassen sich nachvollziehen, da der erstere noch kürzlich mit einem Wechsel gedroht und der letztere allzu oft das Training geschwänzt hatte.
Doch dass Doppelpasskönig T.R., der seine Gesundheit schon seit Jahren dem Team opfert, nur eine Stimme erhielt, noch dazu mit einer zweifelhaften Begründung ("weil er sonntags immer schweinebraten isst"), wirft kein gutes Licht auf den Charakter des Wahlvolks. Vollends unverständlich bleibt die erneute Nichtberücksichtigung des dienstältesten Buben Marcelinho, der trotz jetzt schon siebenjähriger Bänderdehnung noch immer zu allen Turnieren antritt ("immer die richtige Einstellung") und noch immer sicher mit links rechts unten trifft. Doppelt beschämend wird sein zweiter Platz dadurch, dass er ihn mit Loddar teilen muss ("weil er die CULFC Maedels unterstützt:" was hat das mit den Buben zu tun?, weil er "die geilsten Kniee" habe, was schon letztes Jahr als Begründung abgelehnt wurde, und "weil Bayern-Fans unser ganzes Mitgefuehl brauchen...:" dazu fällt uns nun wirklich nichts mehr ein).
Enttäuscht äußerte sich auch Ulibert, der zwar als Titelverteidiger nicht mehr wählbar war,

aber trotzdem die eine oder andere Stimme erwartet hätte. Bleibt also festzuhalten, dass immerhin die Begründungen für die Wahl Herbertis durchgängig nachvollziehbar sind ("weil er durch seinen Rücktritt das Wunder von Tarforst erst ermöglicht hat!", "weil er endlich Platz für die nachfolgenden Generationen gemacht hat, wodurch sich unsere Chancen bei Turnieren beträchtlich erhöhen," "weil sein Weggang keine Lücke hinterlassen hat").
Aber deshalb den Pokal ins Exil schicken? Zumal Herbertis Schlingerkurs im Wahlkampf die Prognosen für ihn schon tief in den Kartoffelkeller getrieben hatte: "Ich komme wieder, wenn...!", "ätsch, ich komme doch nicht!", "ätsch, ich komme doch", "ätsch, aber nur kurz", "ätsch, sag ich mal." Dafür dass Herberti die Wahl dennoch für sich entscheiden konnte, liefert unser Wahlstudio mit Herrn Deppendoof die einfache, aber schlüssige Erklärung: nämlich die 100prozentige Wählerwanderung der Bubenfans ins Lager der Nichtwähler. Der Fanbeauftragte Loddar hierzu: "Da hab ich wohl vergessen, ihnen Bescheid zu sagen. Menno." So hatten die Verlierer des Herberti-Abgangs als logische Herberti-Wähler gegenüber dem wie üblich gespaltenen Rest der Bubenschaft und den wie immer konservativ dasselbe wählenden Grüppchen der Spielerfrauen die Nasen vorn.
Doch schon naht die Rettung in letzter Minute: Wie wir heute aus Berlin erfahren konnten, wurde der Pokal in einer Nacht- und Nebelaktion der Kulturstaatsministerin zum nicht ausführbaren deutschen Kulturgut erklärt. So lange der europäische Gerichtshof dieser findigen Praxis nicht Einhalt gebietet, bleibt für Herbertis Plattenspieler nur eine Kopie des Pokals in Form einer gelb lackierten Gollumplastik aus dem Überraschungsei.
Hinzu kommt, dass der Pokalbube in für eine Gipsfigur deutlichen Worten seinen Wunsch zu erkennen gegeben hat, auf Uliberts Küchenbord zwischen den längst eng mit ihm befreundeten Vasen zu bleiben. "Hier fühle ich mich wohl und dekorativ. Und außerdem mag ich nicht das englische Essen."

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